Im Gespräch mit Moritz Sostmann

Zuerst einmal muss ich sagen, dass mich das Interview überrascht hat und ich am Anfang nicht dachte, dass es so locker und interessant sein würde. Ich habe gemerkt, dass gewisse Regieansätze doch anders gedacht waren als ich sie verstanden hatte, aber dennoch in verschiedene Richtungen interpretiert werden können. Meine Fragen bezogen sich zum größten Teil auf die Faust I Inszenierung und zu dem Ausschnitt der Proben, den wir uns angeschaut hatten.
Moritz Sostmann erklärte erst einmal, dass Goethes Faust I und II nun mal ein Teil der deutschen Kultur sei, was es zu einem Stück mache, welches eine große Masse an Menschen anspricht.
Das Schauspiel Köln (verbunden mit den Aufführungsorten der Oper Köln) seien eine Art „Industriebetrieb“. Denn es werde immer parallel gearbeitet, was seiner Meinung nach das Theater ausmacht.
Wir führten das Interview auf der kleinen Bühne. Die Probe hatten wir uns auf der großen Bühne angesehen. Faust I wird auf der großen Bühne aufgeführt, stelle dennoch die kleine Welt Fausts dar, mit seiner Einsamkeit, seinen Beziehungen und seinem Konflikt mit der Wissenschaft. Er sei auf der Suche, was die Welt im Inneren zusammenhält. Faust II werde als große Welt auf der kleinen Bühne aufgeführt. Laut Sostmann sei Faust II eine Materialsammlung, die das Ganze eigentlich unspielbar mache, da alleine um die 500 Personen auftreten müssten. Aufgrund des verschiedenartigen, unübersichtlichen Inhaltes des zweiten Teils sei der Gedanke entstanden, den ersten Teil wie ein Konzert auf einer großen Bühne zu sehen und den zweiten Teil wie die Aftershowparty nach dem Konzert - auf einer kleinen Bühne.
Die Puppen spielen nicht nur im ersten Teil, sondern tauchen im „Alkoholrausch“ auch im zweiten Teil an der Bar auf. „Wie ist das mit dem ‚Alter Ego‘?“, war meine Frage. „Es gibt insgesamt vier „Puppen“ Fausts, die ihn einmal als 10-jährigen, einmal als 16-jährigen (voll in der Pubertät), als Mitte-/Ende 30-jährigen und als ca. 70-jährigen darstellen. Die Puppen sind die beste Art, einen Rückblick auf Fausts Biographie zu werfen und es können gewisse Lebensketten gebildet werden. Zudem sind die Puppen sehr menschenähnlich dargestellt und ein Double der Darsteller“, antwortete Sostmann. „Je älter man wird, desto eher fängt man manchmal an, auf sein Leben zurückzugucken.“ Es sei viel Zeit vergangen, in welcher man sich stark entwickelt hätte. „Früher hat man alles anders gesehen, was man in zehn Jahren schon wieder anders sah, was man vorher jedoch für total richtig gehalten hat…“, fügte Sostmann hinzu.
Die Musik ist auf den Faust-Darsteller Philipp Pleßmann zurückzuführen, da er als Musiker versuche, aus Goethes Texten kleine Popsongs zu schreiben: „Goethes Texte sind geile Songtexte!“. In Popsongs umgewandelt wirkten sie meist sehr melancholisch.
Eine Sache interessierte mich noch: „Warum das Rauchen?“. Sostmann antwortete, dass das Rauchen generationsbedingt sei. „In der früheren Generation was das Rauchen die Droge, die nicht nur damals, sondern auch noch heute als Mittel der Emanzipation, des Innehaltens, der Gemeinsamkeit und natürlich der Inspiration gesehen wird, eher von der früheren Generation.“
Zum Ende hin fragten wir noch, ob er denn auch privat Werbung für seine Inszenierung machen würde. Er antwortete mit „Nein“, da er dies als Aufgabe des Hauses sehe. Wenn doch, dann sage er seinen wichtigsten Menschen Bescheid, dass sie sich das Stück doch anschauen sollen.
Wenn er mit seinem jetzigen Wissen die Chance hätte, nochmal jung zu sein und einen Job zu wählen, würde er sich der Wirtschaft, bzw. der Entwicklungshilfe widmen, um in Ländern wie Afrika oder Südostasien aktive Hilfe zu gestalten. Zudem würde er sich die Sprache aneignen und in die fremden Kulturen eintauchen: „Theater im Ausland ist schwierig, da es um die deutsche Sprache geht.“

Jana Rose